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Hanf zieht an und kann sich in der Modebranche sehen lassen!

Hanf Mode
​Hanftextilien haben eine lange Geschichte, genau genommen haben Menschen bereits vor mehr als 12.000 Jahren begonnen, ihre Kleidung aus Hanf herzustellen. Nassfest, reißfest und robust - Hanffasern halten was aus und machen Hanfklamotten zu Lieblingsstücken. So schneiderte der nach San Francisco ausgewanderte Franke Levi Strauss seine 1873 patentierte Nietenhose, die erste Jeans, aus Hanfstoff.

Das bekannte Warenzeichen der Firma Lewis  spricht dabei für sich: zwei Pferde versuchen, eine Hose auseinanderzuziehen – eine Zerreißprobe, der vermutlich nur der unverwüstliche Hanf standhalten kann! Ursprünglich diente sie den Goldwäschern in Nordamerika als Arbeitshose, trotzte der ständigen Feuchtigkeit, denn Hanfgewebe kann ohne Schaden ein Vielfaches seines Eigengewichts an Wasser aufnehmen und war dabei bequem, schmutzabweisend und lange haltbar.

Hanf wird Mode - vom "Hanfsack" zur New York Fashion Week

Und so war Hanf neben Flachs lange Zeit die gebräuchlichste Textilfaser und weltweit verbreitet. Wie konnte sie da in Vergessenheit geraten? Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die Baumwolle zur massiven Konkurrenz, Kunstfasern traten ihren Siegeszug an und der Hanf wurde verbunden mit strengen Anbauverboten in vielen Ländern mehr und mehr zur Drogenpflanze abgestempelt. Aber ihre Wiederentdeckung und zunehmende Beliebtheit kehrt diesen Trend erfreulicherweise auch im Bekleidungssektor wieder um, und für alle, die sich nachhaltig und ressourcenschonend kleiden wollen, sind Hanftextilien längst kein Geheimtipp mehr!
Die Widerstandsfähigkeit und Reißfestigkeit ist den ziemlich langen, festen und dichten Fasern der Hanfpflanze zu verdanken, das heißt kein schnelles Ausleihern und Durchscheuern, wofür die kürzere und lockerere Baumwolle anfälliger ist. Und ganz nebenbei schützt das dichtere Gewebe im Vergleich deutlich besser gegen UV-Strahlung. 
Hanfkleider sind echte Allroundtalente, für`s ganze Jahr und jedes Wetter. Schwitzt man im Sommer, so nimmt der saugfähige Stoff etwa ein Drittel der Feuchtigkeit problemlos auf, bleibt trocken, klebt nicht auf der Haut und bleibt in Form. Dank der antimikrobiellen Eigenschaften der Hanffasern können sich durch den Schweiß keine unangenehmen Gerüche bilden – was weniger „müffelt“ muss seltener gewaschen werden, zur Freude der Umwelt! Ein verschwitztes Hanf-Kleidungsstück, über Nacht im Freien gelüftet, lässt sich am nächsten Morgen frisch wieder anziehen. In der kalten Jahreszeit isoliert das feste Gewebe gut gegen Kälte, wärmt dank Lufteinschlüssen in den Fasern wunderbar und bleibt trotzdem atmungsaktiv.

Hanf Textilien

Rauher Sackleinen mit kratzigem Tragegefühl? - das will nun wirklich keiner!

Aber genau dafür waren Hanftextilien früher bekannt. Schuld daran ist das harte und holzige Biopolymer Lignin, das bis zu zehn Prozent des Trockengewichts der Hanffasern ausmacht und sich früher nicht entfernen ließ ohne die Stärke der Fasern zu beeinträchtigen. Über lange Zeit hat man deshalb glattere und weichere Pflanzenfasern bevorzugt - ein Ansporn, den Anbau, die Ernte und anschließende Gewinnung und Verarbeitung der Hanffasern kontinuierlich zu verbessern und zu perfektionieren! Mit Erfolg, denn die Fasern der heute zugelassenen Nutzhanfsorten fühlen sich deutlich angenehmer und weicher an und sind dazuhin sehr gut hautverträglich, weil beim Anbau auf den Einsatz von Chemie weitestgehend verzichtet werden kann. Außerdem entspricht die mikroelektrische Spannung der Fasern interessanterweise der unserer Haut, so dass Hanfkleidung antistatisch ist! Allergiker und Menschen mit empfindlicher Haut oder auch mit Rheuma und Gliederschmerzen vertragen Hanftextilien oft deutlich besser als Bekleidung aus anderen Rohstoffen.
Die entscheidende Trendwende in Sachen Tragekomfort verdanken wir einer Mitte der 1980-er Jahre entwickelten Technik, mit deren Hilfe sich das Lignin entfernen lässt. Dabei wird zunächst das proteinaufspaltende Enzym Protease auf die Hanffaser aufgetragen, um den Stickstoff in den Stielen zu reduzieren. Anschließend kommt der Angebrannte Rauchporling (Bjerkandera adusta), eine spezielle Pilzart zum Einsatz, der sich auf den Fasern ansiedelt und das Lignin „verzehrt“.

Hanfstoffe für alle Lebenslagen - soll es ein Alltagsstück oder das Brautkleid sein?

Aus Hanffasern lässt sich eine bemerkenswerte Vielzahl an hochwertigen, strapazierfähigen und auch sehr feinen Stoffen herstellen, entweder allein oder in Kombination mit anderen Naturfasern wie Flachs und Seide.  
Besteht beispielsweise Leinen aus reinem Hanf, entsteht ein leichter, langlebiger und atmungsaktiver Stoff, ideal für heiße und feuchte Bedingungen. Wegen ihrer enormen Fähigkeit, Feuchtigkeit aufzunehmen, liegt die Verwendung von Hanffasern für Frottee-Tücher auf der Hand. Auch für verschiedene Arten der Köperbindung, neben der Leinwand- und der Atlasbindung (Satin) eine der drei Grundbindungsarten für gewebte Stoffe, eignen sich Hanffasern bestens. Am bekanntesten ist der blauweiße Jeansstoff, aber auch für Flanell und gestrickte Textilien wie Jersey und Velours lassen sich die Fasern der Hanfpflanze gut verwenden. In Kombination mit Seide finden sich Hanffasern als steifer glänzender Taft in edlen Ball- und Brautkleidern wieder! Werden sie für die Herstellung von Charmeuse, einem glänzenden Satin verwendet, entstehen weich fließende, leichte Abendkleider. Sogar komplexe Jacquardgewebe mit eingewebten Mustern, lassen sich aus Hanf und Seide herstellen.
Aber es geht auch ganz praktisch! Gemischt mit Baumwolle, die das Gewebe weicher macht,  entstehen gut absorbierende und haltbare Hanf-Stoffwindeln. Dank der antibakteriellen und antimikrobiellen Eigenschaften des Hanf haben Windelausschlag und damit verbundene Hautprobleme meist keine Chance.

Hanf Faser

Mit Hanfkleidung ein Zeichen für Nachhaltigkeit setzen

Hanf wächst eigentlich überall auf der Welt und im regionalen Anbau lassen sich CO2-Emissionen durch lange Transportwege effektiv vermeiden. Die sehr ergiebige Hanfpflanze lässt sich komplett verwerten und weiterverarbeiten,  wächst schnell und braucht verhältnismäßig wenig zusätzliches Wasser, da sie meist eh in niederschlagsreichen Gebieten angepflanzt wird. Für den ökologischen Anbau ist sie hervorragend geeignet, da ihr dichtes Blattwerk Unkräuter gar nicht aufwachsen lässt, und auf Herbizide, Pestizide und Fungizide kann weitgehend verzichtet werden, weil Hanf gegen Schädlinge und Pilze nicht anfällig ist.

Die Baumwolle macht trotzdem das Rennen!

Stoffe aus Hanf sind zwar wärmer, saugfähiger und reißfester als Baumwollgewebe, die Gewinnung der Hanffasern ist aber aufwendiger als das einfache Pflücken der Baumwollfasern. Beim Hanf liegen die Fasern in den Faserbündeln der Pflanze, d. h. um an sie ranzukommen, muss man erst den restlichen Teil der Pflanze entfernen. Wenn der Hanf für die Fasergewinnung geerntet wird, sind die Hanfsamen noch nicht reif und fehlen den Landwirten als zusätzliches Ernteprodukt. Deshalb kann der Anbau in Europa den Bedarf an Hanffasern auf dem europäischen Markt derzeit weder decken noch mit dem Weltmarktpreis mithalten, so dass zusätzliche Importe beispielsweise aus China notwendig sind.

Von der Hanffaser zum Hanfgarn

Faserhanf wird grundsätzlich aus cannabinoidarmen Cannabis-Sorten gewonnen. Eng aneinander gepflanzt verzweigen sie sich kaum, so dass hochwachsende gerade Hohlstämme mit einem hohen Ballaststoffanteil von 35% entstehen.
Für die reine Fasergewinnung lassen sich sowohl die männlichen, als auch die weiblichen Pflanzen nutzen. Eine ungarische Studie hat 1996 bestätigt, wovon traditionelle Hanfbauern im Vereinigten Königreich schon immer überzeugt waren, dass nämlich männliche Hanfpflanzen viel feinere und seidigere Fasern produzieren als die weiblichen, die dafür etwas fester sind.
Nach dem Schnitt der Pflanzen folgt die „Röste“ der Hanffasern. Für mehrere Wochen am Boden ausgelegt wird das Pektin in den Pflanzenzellwänden, ein gelartiges Polysaccharid, das die Fasern bindet, im Licht und der Luft zersetzt und die langen Bastfasern in der inneren Rinde freigelegt. Dieser Prozess lässt sich mit chemischen und enzymatischen Mitteln beschleunigen, oder wenn er in Wassertanks oder bei Frost und Schnee erfolgt, was die Fasern weißer und feiner machen soll.
Nach der Röste wird die Hanffaser entrindet, das heißt der zentrale holzige Kern vom Schaft entfernt. Dank  moderner Maschinen lassen sich die beiden Prozesse heute kombinieren und abkürzen, so dass gleich nach dem Mähen der Hanfpflanzen bündelbare Fasern zur Verfügung stehen. Diese werden entweder direkt zu Garn versponnen oder noch behandelt, um sie weicher und elastischer zu machen.
Beim Spinnen der Hanffaser zu Hanfgarn werden die Fasern ähnlich wie andere Naturfasern auch zu langen, durchgehenden Fäden zusammengedreht und häufig mit Wachs oder Ähnlichem versiegelt, um das Garn wasserdicht und haltbarer zu machen. Um unterschiedliche Fadenmischungen zu erhalten, fügt man dem Hanf noch andere Pflanzenfasern hinzu, die dann zusammen die Eigenschaften des Garns bestimmen.

Hanf Feld

Hanf ist auf dem Laufsteg angekommen!

Heute findet man nicht nur in Geschäften von großen internationalen Modeketten eine beachtliche Auswahl an Kleidungsstücken auf Hanfbasis, sondern auch zunehmend mehr Designer-Stücke aus Hanfstoffen. Dank innovativen  Hanftextil-Unternehmen wie EnviroTextiles oder Patagonia, die hochwertige Hanfstoffe herstellen, präsentieren bekannte Designer wie Ralph Lauren, Donatella Versace oder Calvin Klein ihre Kreationen aus Hanf auf internationalen Events wie der New York Fashion Week.


Bildquelle: ©Shutterstock

Referenzen: www.envirotextile.com

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